Viele unserer Klienten haben bereits einmal ein Haus in Deutschland gekauft und kennen daher einige grundlegende Parameter der Immobilienbewertung und Wertermittlung. Naturgemäß wird dabei zunächst der vertraute deutsche Standard für die eigene Bewertung herangezogen. So gelten in Deutschland vermeintlich anerkannte Prämissen, dass es für ein werthaltiges Haus elementar sei, aus Stein statt Holz gebaut zu sein und dass es nichts Wichtigeres gäbe, als ein komplett trockener Keller.
Für den norwegischen Immobilienmarkt sind diese Vorstellungen und scheinbaren Zusammenhänge nicht anwendbar. Dies hat verschiedene Ursachen. So spielen neben historisch-kulturellen Aspekten wie der Nutzungsart und den verfügbaren Materialen auch klimatische Besonderheiten eine entscheidende Rolle. Der Hintergrund weshalb in Norwegen bis heute abgesehen von Innenstadt- und Gewerbebauten fast ausschließlich mit Holz als Basiswerkstoff gearbeitet wird, liegt u.a. an der seit je her sehr guten Verfügbarkeit von hochwertigem Bauholz. Das in Skandinavien verwendete Bauholz aus heimischen Regionen ist deutlich widerstandsfähiger als mitteleuropäisches Bauholz. Dies liegt unter anderem daran, dass die Bäume durch die kurzen nordischen Sommer erheblich langsamer wachsen als in Mitteleuropa, wodurch die Dichte und Qualität des Holzes deutlich steigt. Hölzerne Ständerkonstruktionen aus nordischen Baumbeständen können über viele Jahrhunderte Bestand haben. Sogar Holzfassaden halten mit der richtigen Pflege (i.d.R. Ölfarben) viele 100 Jahre. Der Einwand vieler deutscher Interessenten, dass die Häuser in Norwegen aufgrund ihrer Bausubstanz per se weniger wertbeständig sein müssen, kann somit widerlegt werden. Dieser Zusammenhang heißt aber natürlich nicht, dass jedes Haus in Norwegen eine solide und beständige Holzkonstruktion aufweist. Hierzu bedarf es einer intensiven Prüfung und fachkundigen Einschätzung der Sachverständigenprüfung. Wir helfen Ihnen dabei, die benötigten Informationen zu bekommen und mit viel Erfahrung richtig einzuordnen.
Ein ähnlich großer und relevanter Unterschied findet sich in der grundsätzlichen Herangehensweise und der Nutzung von Keller- und Souterraingeschossen. Gilt doch in Deutschland der Grundsatz, dass ein klammer, leicht miefiger Kellergeruch ein eindeutiges Zeichen eines schlechten Immobilienzustands ist, kann diese Einschätzung nicht auf die norwegischen Verhältnisse übertragen werden.
Untergeschosse gelten in Norwegen als zusätzliche Lager- und Gebrauchsfläche und es wird – v.a. bei Gebäuden mit BJ vor 1980 – kein Anspruch darauf gelegt, im Untergeschoss auch Wohnfläche vorzuhalten. Dementsprechend sind Bodenplatten und Drainagen nicht auf bestmögliche Feuchtigkeitsabwehr ausgelegt, sondern das Untergeschoss soll seinen Hauptzweck erfüllen und dieser ist die Fundamentfunktion inkl. trockenem Aufsatz der hölzernen Ständerkonstruktion der oberen Wohnebene. Denn genau in diesem Übergangsbereich findet sich die relevante und i.d.R. sehr gute Feuchtigkeitssperre.
Als weiterer Faktor müssen die klimatischen Besonderheiten berücksichtigt werden. Die Niederschlagsmengen und -häufigkeiten in Norwegen sind vielerorts gravierend über dem deutschen Niveau. Die damit einhergehende höhere Bodendurchnässung und höhere Luftfeuchtigkeit führt ebenso dazu, dass in vielen Gutachten von Feuchtigkeitserscheinungen im Untergeschoss zu lesen ist. Wir helfen Ihnen dabei, diese Mangelanzeige richtig zu interpretieren und hinsichtlich der Ernsthaftigkeit einzuordnen. Dazu können wir auch Hinweisen geben, welche Maßnahmen bei den spezifischen Objekten noch ergriffen werden können, um beispielsweise die Drainagefunktion zu stärken, um somit die Feuchtigkeit zu reduzieren.
Ein weiteres Feld, in dem aus der deutsch geprägten Anspruchshaltung oft negative Bewertungen abgeleitet werden ist das Thema Gebäudedämmung. In den letzten Jahrzehnten haben sich die Relevanz und der Anforderungsgrad an die Fassadendämmungen stetig erhöht und das Thema ist Kaufinteressierten daher sehr präsent. Für norwegische Immobilien gelten diesbezüglich jedoch ganz andere Maßstäbe und es müssen der Nutzungsumfang, die Beheizungsart, die Widmung und die kommunalen Anforderungen berücksichtigt werden. Aber machen Sie sich vorab über dieses Thema nicht zu viele Gedanken, mit einer guten Beratung, werden Sie auch hier nichts falsch machen. Wir helfen Ihnen dabei, für das jeweilige Objekt genau einzuschätzen, ob der Isolierungsgrad zur angestrebten Nutzung passt und ob die vorhandene Isolierung negative Auswirkungen auf die Wertigkeit und Wiederverkaufsfähigkeit des Objektes hat.
Wir haben Ihnen nun überwiegend Gewerke und Eigenschaften der Immobilienbewertung beschrieben, die in Norwegen eine geringere Relevanz haben als in Deutschland. Es gibt allerdings auch Gewerke, deren Wertigkeit und Zustand sehr relevant für die Kaufentscheidung eines Objektes sind. Somit muss genau geprüft werden, wie es um den Zustand des Daches (Eindeckung und Dachstuhl) bestellt ist. Das gleiche gilt für Fassaden und Außenfenster. Aufgrund der aggressiven Witterung in Norwegen sind diese Gewerke allesentscheidend, wenn es um den langfristigen Erhalt der Gebäudesubstanz geht. Durch unsere langjährige Erfahrung in der Prüfung von norwegischen Gutachten, können wir die darin enthaltenen Informationen in einen Gesamtkontext setzen und erkennen auch, welche tatsächliche Einschätzung der Sachverständige zwischen den Zeilen platziert hat. Ebenso sind manche Mängel und Formulierungen relevanter oder gewöhnlicher als andere, auch hierzu können wir mit tausenden gelesenen Gutachten eine fundierte Einschätzung abgeben. Sollten sich Punkte dennoch nicht auflösen lassen oder zu konkreten Rückfragen führen, klären wir diese im direkten Gespräch mit dem Makler oder dem Sachverständigen, der das Gutachten angefertigt hat.